Freitag, 30. August 2013

2. Medienecho: SPIEGEL & Nikolaus Blome

„Phase 2“ der erhitzten Kontroverse um Wolfgang Büchners Plan, Nikolaus Blome, das nach Kai Diekmann bekannteste Gesicht der BILD, zum stellvertretenden Chefredakteur des SPIEGEL zu machen. Nun soll Nikolaus Blome also weiterhin das Hauptstadtbüro in Berlin leiten, aber nur noch Mitglied der SPIEGEL-Chefredaktion werden. Wie nehmen Kollegen diesen Kompromiss wahr? Der CARTA-Mitherausgeber Wolfgang Michal spricht im Gespräch mit dem Deutschlandradio von einem „Pyrrhussieg“ Büchners, hält eine „kleine Revolution im Hause“ jedoch für unwahrscheinlich, weil die Redaktion innerhalb der Mitarbeiter KG in der Minderheit sei. Marion Kraske, von 2000 bis 2009 SPIEGEL-Redakteurin, erinnerte die SPON-Meldung zu Nikolaus Blome zunächst an eine „Finte“ der Satire-Seite „Der Postillon“. In einem Kommentar des Journalismus-Portals MedienCity wird spekuliert, ob sich der „Spiegel schon einmal personell auf weitere vier Jahre Angela Merkel“ einstellen will. Ex-taz- und nun NDR/Zapp-Mann Steffen Grimberg stuft „Büchner, Blome, aber vor allem auch die Mitarbeiter-KG“ und den „SPIEGEL selbst“ in einem Hintergrundbericht als „beschädigt“ ein. Medienecho Nr. 2:
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SPIEGEL, Nikolaus Blome, Wolfgang Büchner, BILD



(Hinweis: Dieser Blogbeitrag wurde am 31.08.2013 überarbeitet.)
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Deutschlandradio Kultur
„Das ist ein bisschen rückwärtsgewandt“ - Der Autor Wolfgang Michal über Franziska Augsteins Kritik am Online-Journalismus, Matthias Hanselmann, Deutschlandradio Kultur, 30.08.2013

„Man muss auch, glaube ich, sehen, dass die Mitarbeiter KG ja nicht nur aus Redakteuren besteht. Die Mitarbeiter KG umfasst etwa 800 Menschen, das sind, würde ich sagen, 300 aus der Redaktion, 300 aus dem Verlag und ungefähr etwas über 100 von der Dokumentation. Das heißt, die Redaktion ist eigentlich innerhalb der Mitarbeiter KG eine Minderheit. Sie hat von den fünf Geschäftsführern auch nur zwei Posten besetzt. Insofern muss die Redaktion auch immer Rücksicht nehmen auf die Verlagsmitarbeiter, und ich würde mal sagen, die Verlagsmitarbeiter tendieren wahrscheinlich eher dazu, jetzt so eine Art Burgfrieden zu schließen.

taz
Die Grabentänzer - Zeitgeist BILD-Vizechef Nikolaus Blome soll zum SPIEGEL wechseln. Dort sorgt die Personalie in der Redaktion für Unmut, Felix Dachsel, taz, 31.08.2013
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„Nun soll Blome zu dem werden, für das ihn schon viele fälschlicherweise hielten: ein seriöser Politikjournalist. Leiter des Spiegel-Hauptstadtbüros, Mitglied der Chefredaktion. Berufen wurde er vom neuen Spiegel-Chef Wolfgang Büchner, zu dem der Journalist Christian Bommarius zu Recht anmerkt, dass von ihm kein Artikel bekannt sei, in dem er irgendeine politische Haltung erkennen ließe. Und das ist es, woran man einen Journalisten messen sollte: an dem, was er veröffentlicht ... Büchners Sache ist die Geschwindigkeit - nicht die Position.“
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Marion Kraske
(Marion Kraske war von 2000 bis 2009 SPIEGEL-Redakteurin)
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BILD übernimmt Spiegel: Büchner und die „Brandstifter“, Marion Kraske, Debattiersalon.de, 27.08.2013
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„Mit der Zeit veränderte sich die Bedeutung des Spiegels: Den Wert für unsere Demokratie, für den kritischen Diskurs besitzt das Blatt heute in der Form nicht mehr. Viele, die ihn jahrelang gelesen haben, lesen ihn heute nicht mehr, oder die Lektüre gibt ihnen nichts mehr. Der Spiegel hat zum Leidwesen vieler eine inhaltliche Entkernung hinter sich: Wo früher harte News, Hintergrund und Analyse selbstverständlich waren, entspringt heute Belangloses, gar Irrelevantes. Die Schnittchen in Berlin, der gelbe Sari in Pakistan, die Hausmitteilungen mit Militärs und Politikern gaukeln Nähe zu Politik und Parteien vor, die zwar nett und charming daher kommt, deren ureigenste Bedeutung sich allerdings nicht erschließt.“
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NDR
Trügerische Ruhe beim „Spiegel“, Steffen Grimberg, NDR, 29.08.2013

Intern gelten nun alle als beschädigt: Büchner, Blome, aber vor allem auch die Mitarbeiter-KG - und der „Spiegel“ selbst. „Wir haben uns über drei Tage völlig grundlos in aller Öffentlichkeit zerfleischt, dabei scheint alles längst abgesprochen gewesen zu sein“, sagt ein Mitarbeiter. Andere fragen sich, was denn genau den Unterschied zwischen einem stellvertretenden Chefredakteur und einem Mitglied der Chefredaktion ausmacht. „Auch wenn Nikolaus Blome nun die höhere Position nicht bekommt: Er hat doch großen Einfluss bei Wolfgang Büchner - und damit direkt beim Chefredakteur“, umreißt ein „Spiegel“-Mitarbeiter das Dilemma: „Da braucht er die zusätzlichen Schulterklappen doch gar nicht“.“
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derStandard.at
Franziska Augstein vermisst Denken im Web, derStandard.at, 29.08.2013

„Franziska Augstein ... aber kritisiert Blome als regierungsnah und: „Was hat so jemand beim 'Spiegel' verloren, der die Haltung wechselt je nach Arbeitgeber?“ ... Aufsehen erregten auch ihre Aussagen zum Onlinejournalismus: „Jemand, der Nachrichten raushauen muss, wie ein Dampfkocherhitzer Wasser zum Kochen bringt, der hat keine Möglichkeit, jemals nachzudenken, der hat auch keine Möglichkeit, irgendwie mal zu recherchieren.“
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Berliner Zeitung
Spiegel - Büchner und Blome vs. Spiegel Mitarbeiter KG - Befüllen oder reinigen, Christian Bommarius, Beriner Zeitung, 25.08.2013
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„Den Ruf, ein „linkes“ Blatt zu sein, verdankt der Spiegel keinen politischen Positionen, sondern den politischen Skandalen, mit deren Enthüllungen das Blatt mehr zur Demokratisierung dieser Republik beigetragen hat als jedes andere deutsche Medium. Und der von linker und linksliberaler Seite unermüdlich geäußerte Verdacht, die Bild-Zeitung sei konservativ, lässt sich nur begründen, wenn Rufmord und Verleumdung als Stilmittel, Nutten-Annoncen als typisches Milieu und funktionaler Analphabetismus als Ausdrucksform des Konservativen begriffen werden. Die Ästheten unter den Medienkritikern behaupten, beide Blätter betrieben Kloakenjournalismus. Da ist was dran. Doch wird die Kloake von dem einen unentwegt gefüllt und von dem anderen gereinigt.“
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taz
Revolution muss leider entfallen - Der Widerstand im „Spiegel“ gegen den Mann von der „Bild“ implodiert. Droht nun ein zermürdender Kleinkrieg? Verloren hat auf jeden Fall Büchner, taz, 29.08.2013
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„Bei den nichtjournalistischen Mitgliedern der KG überwog das Interesse an Ruhe im Karton. Eine Trennung von Blome und damit wohl auch Büchner hätte den Verlag nachhaltig geschwächt und eine arbeitsrechtliche Schlammschlacht ausgelöst, die auf Kosten der Gewinnbeteiligung der KGisten gegangen wäre. Darüber hinaus hat die gewählte Geschäftsführung der Mitarbeiter KG ein starkes Interesse daran, ihre zweifelhafte Rolle in der Causa Blome vergessen zu machen und eine eventuell drohende Abwahl abzuwenden: Weite Teile der Redaktion fühlen sich von ihr verraten, für die Abwehrschlacht instrumentalisiert, um dann doch einzuknicken.“
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FOCUS
Franziska Augstein sieht Skandal - „Spiegel“-Erbin schimpft „Bild“-Zugang eine Katastrophe, FOCUS ONLINE, 29.08.2013

„Franziska Augstein verweist darauf, dass sich die Ressortleiter des „Spiegel“ gegen Blome ausgesprochen hatten. „Und dies aus guten Gründen: Mit Herrn Blome wurde die NSA-Affäre in der „Bild“-Zeitung heruntergespielt. Mit Blome ist regierungsnaher Journalismus betrieben worden.“ Blome passe nicht in die Tradition des „Spiegel“.“

FAZ
Neuer „Spiegel“-Titel für Blome - Mitgliedsausweis, FAZ, 28.08.2013
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„Über die Kritik an Blomes Berufung hat sich in der „Spiegel“-Redaktion eine breite Front gegen den neuen Chefredakteur Büchner aufgebaut, die es zuvor nicht gab. ... Büchner und der „Spiegel“-Geschäftsführer Ove Saffe hatten auf der tumultuarischen Redaktionskonferenz am Montag durchblicken lassen, dass die Mitarbeiter KG von der Personalie Blome seit Wochen wusste und involviert gewesen sei.
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Mediencity.de
Sturm im Spiegel-Glas, Netzpresse Print, www.mediencity.de,29.08.2013

„Tatsächlich wirkt die Personalie Blome so, als wollte sich der Spiegel schon einmal personell auf weitere vier Jahre Angela Merkel einstellen.“
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HORIZONT.NET
„Spiegel“: KG-Spitze öffnet Blome die Tür / Redakteure fordern Rücktritt, Roland Pimpl, HORIZONT.NET, 29.08.2013

„Die anhaltende Kritik zeigt, dass es manchen Ressortleitern und Redakteuren gar nicht (nur) um Blomes mittlerweile aufgegebene Vize-Schulterklappe geht, sondern darum, den „Bild“-Mann generell als Führungskraft in der Redaktion zu verhindern, weil er mit seinem populär-konservativen Stallgeruch nicht zum „Spiegel“ passe.

taz
Mehr Schein als Sein beim „Spiegel“ - Anpassungsfähig, René Martens, taz,28.08.2013

Und da soll einer wie Blome fehl am Platz sein? Dies würden nur jene empfinden, „die den Spiegel immer anders gesehen haben, als er wirklich war“, sagt Lutz Hachmeister, Journalistikprofessor und Leiter des Instituts für Medien und Kommunikationspolitik in Berlin. Das Magazin habe sich „immer durch ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit an den politischen Zeitgeist“ ausgezeichnet – egal, ob man, passend zur „Aufbaugesellschaft der 50er Jahre“, ehemalige SS-Mitglieder in die Redaktion holte oder als man nach der Wiedervereinigung „tastend versuchte, ins neue Bürgertum reinzufinden“.“

Kommentar: Ein Artikel mit ähnlicher Tonalität ließe sich übrigens leicht zulasten der „taz“ verfassen. Humanität und Sachverstand werden auch hier nicht selten von den Interessen und Erwartungen der politischen bzw. ideologischen Klientel beeinflusst und stark getrübt. Siehe z. B. Christian Füller, „Grüne und Pädophilie“ und Zensur bei der taz? oder der „FAZ“-Artikel „Schweinejournalismus“ aus der Dutschke-Straße, in dem von der „analytisch-subversiven Kompetenz“ des taz-Redakteurs Deniz Yücel die Rede ist, dessen Gauck-Kritik Jürgen Trittin mit den Worten kommentierte:
„Das ist Schweinejournalismus, das kenne ich nur von der „Bild“-Zeitung.“ „taz“ und „Bild“ mögen sich politisch und weltanschaulich stark unterscheiden. Stilistisch und „intellektuell“ sind die Unterschiede soooo groß nicht.
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